· 

Ungarn/ (Österreich)/ Tschechien


Versöhnlicher Ausklang einer ereignisreichen und anstrengenden Reise


Hochwasser und starke Regenfälle werden die nächsten Stunden und Tage vor Allem in Österreich, Polen und Tschechien erwartet. Auch Rumänien, Serbien und andere Teile des Balkans sind betroffen.

Es gibt faktisch keine Alternative, wir MÜSSEN Österreich und Tschechien passieren!

Gestern Abend haben wir uns entschieden, dass wir Modriča heute verlassen werden. Der Kurort Heviz in Ungarn, nördlich der Südspitze des Balatons erscheint uns als guter Ausgangspunkt für weitere Entscheidungen. Dort haben wir bereits ein Appartement gebucht.

So sehr haben wir uns gewünscht, dass sich die Wettervorhersage mal wieder täuscht ! Leider tut sie uns den Gefallen diesmal nicht! Ich würde mir zu gern die Bettdecke über den Kopf ziehen, mich noch einmal umdrehen und im kuscheligen Bett unserer Unterkunft in Modriča  liegen bleiben. Ich würde weiter vor mich hin dösen und abwarten bis der Wettergott wieder Barmherzigkeit mit uns zeigt. Als ich zum Fenster raus schaue, blicke ich in tiefgrauen Himmel, aus dem es dicke, fette Tropfen regnet. Ungemütlich sieht es aus. Ich beobachte eine Person, die mit ihrem Hund Gassi geht. Die Kapuze ist tief ins Gesicht gezogen und die Schultern sind hoch gezogen! Auch der Hund scheint keine besondere Lust zu haben, sich draußen aufzuhalten. Er vermeidet die dicken Pfützen, schüttelt sich ständig und hofft wahrscheinlich, dass sein Herrchen/Frauchen Erbarmen zeigt, umdreht und schnell nach Hause ins Warme geht. Mit einem heißen, starken Kaffee in der Hand blicke ich Mensch und Hund nach! Ich mag noch gar nicht daran denken, dass auch wir gleich dort draußen sein werden!

Erstmal frühstücken und langsam fertig machen! Besonders gesprächig sind wir beide heute Morgen nicht. Wir vertilgen unsere Spiegeleier und trinken noch einen Kaffee. Wortlos packen wir unsere Sachen zusammen.  Zum Glück haben wir einen Carport und können wenigstens im Trockenen unser Gepäck aufschnallen. 

Unsere Vermieterin verabschiedet sich mit genau dem gleichen mitleidigen Blick, mit dem sie uns empfangen hat. Sie steigt in ihr trockenes Auto und winkt uns zu, wir winken achselzuckend zurück. Noch bevor wir überhaupt Modriča verlassen haben, fühlt sich alles klamm an! Die Hände, die Füße und auch der Kopf im Helm! Mehr als 300 km haben wir bei diesem Wetter vor uns! Das Thermometer zeigt 8 Grad an. Das letzte Mal hatten wir solche Temperaturen in Karelien kurz vor Murmansk hinter dem Polarkreis im Jahr 2019!

Wir fahren Richtung Norden und passieren alsbald  bei Samac die Grenze zu Kroatien. Hier gibt es keine Kontrollen und wir haben freie Fahrt. 140 km Kroatien nehmen wir kaum wahr, 140 km Regen, 140 km, die wir bei dem immer gleichen monotonen Motorgeräusch fast in Trance fahren. Das Thermometer klettert nicht über 10 Grad. Die Handschuhe sind nun nicht mehr nur klamm sondern klitschnass, die Sicht ist eingeschränkt, der Regen prasselt gegen das Visier. Genauso geht es in Ungarn weiter, noch 170 km bis Heviz. Unsere Navis schicken uns über Nebenstrecken kreuz und quer durch die ungarische Provinz. Ungarische kleine Landstraßen können auch ganz schön in schlechtem Zustand sein! Hinzu zu all dem Regen kommt noch ein übler Wind, der über die Puszta weht. Er greift von allen Seiten an. Um jedes Stückchen Wald, der uns etwas schützt, sind wir froh. Die wenigen Menschen, die wir in den Dörfern auf der Straße sehen, tragen Winterkleidung und Mützen. Gern hätte ich jetzt auch meine Daunenjacke an oder würde noch lieber vor dem heimischen Kaminofen sitzen. Hier und wie so oft auf jeder Reise, kommt immer wieder die Frage auf: "Warum tun wir uns das an?" Eine Antwort darauf finden wir auch jetzt nicht!

 

Eigentlich wollten wir viele Pausen einlegen. Die besten Orte bei solch einem gruseligen Wetter sind Tankstellen. Aber auf diesen verdammten Nebenstrecken gibt es gar keine! Wenn mein Mann sagt : "Mir ist kalt!", will das schon was heißen! Ich bin dann nämlich kurz vor dem Erfrieren! Eine komplette Gänsehaut überzieht meinen Körper und ich zittere... ja wirklich!... wie verrückt. In kurzen Regenpausen, machen auch wir kurze Haltepausen am Straßenrand, schütteln uns wie der Hund heute Morgen in Modriča !

Aber dann kommt sie doch!  Die langersehnte Tankstelle taucht fast wie eine Fata Morgana vor uns auf. Wir stehen mindestens eine halbe Stunde in dem kleinen Verkaufsraum und stärken uns mit einem Hot Dog und wir trinken einen Kaffee und ich gleich zwei Tassen Tee hinterher!

 Aber all die Strapazen haben irgend wann einmal ein Ende. Heviz erreichen wir vollkommen durchnässt und abgenervt. Unser Apartment "Sofi"  empfängt uns kontaktlos, indem uns der Vermieter vorab mitgeteilt hat, dass das Tor offen ist und der Schlüssel steckt. Wunderbar! Wir sind wieder einmal alleine und haben das untere Stockwerk des Hauses komplett für uns alleine! Schnell das Gepäck abschnallen und ab unter die heiße Dusche! Die Unterkunft schauen wir uns später an. Ich lasse wie immer erst das Wasser über meine Füße laufen und warte... und warte und warte! Aber es kommt nur lau warmes Wasser! Ich warte weiter... nur lau warmes Wasser! Der Boiler heizt nicht richtig! Wieso gerade jetzt? Immer hatten wir funktionierende Duschen! Frustriert und immer noch frierend brause ich mich schnell ab. Wir informieren den Vermieter, der nur per WhatsApp erreichbar und gar nicht Vorort ist. Die Dusche wird bis zu unserer Abfahrt leider nur lau bleiben!

Wir durchforsten die gut ausgerüstete Küche und finden tatsächlich Tee! Kamillentee! Obwohl wir beide gar keinen Kamillentee mögen, brühen wir uns welchen und trinken schlückchenweise. Das wärmt wenigstens von innen! In der Not schmeckt alles, sogar Kamillentee!

Während es draußen immer noch ungemütlich ist, richten wir uns trotzdem häuslich ein, denn außer heißem Duschwasser bietet unsere Unterkunft alles, was man braucht.

Uns erreichen weitere Nachrichten von den Hochwasserkatastrophen  in den umliegenden Ländern. Schrecklich ist es, die Bilder von den Flutgebieten anzuschauen! Irgendwie müssen wir ja nach Hause kommen. Unsere Route geht genau durch Österreich und quer durch Tschechien. Eine Wetterberuhigung soll es erst Anfang/Mitte der Woche geben.

Hier in Heviz sind wir aber sicher. Wir  beobachten die Lage und harren erst einmal aus. Letztendlich werden dann doch nur 3 Tage daraus. 

Der Kurort Heviz ist mit dem größten aktiven Thermalsee der Welt neben Budapest und dem Balaton eines der größten Touristenmagnete Ungarns. Vor Allem aber zieht es Deutsche an. Auch in der Nebensaison scheinen die Hotels und das Städtchen voll zu sein, Deutsch die vorherrschende  Sprache. Bis wir uns entscheiden, unsere Reise fort zu setzen, lassen wir uns treiben inmitten dieses Tourismusmagnets! Vorbei sind die Zeiten, in denen man sich mit einem Kellner mit Händen und Füßen auseinanderzusetzen musste oder witzige Übersetzungen einer Speisekarte von Google zu erhalten hat. Hier wird in jedem Geschäft, in jedem Restaurant deutsch gesprochen.

Es schüttet nach wie vor wie aus Eimern. Ein Grund mehr, sich mal etwas Entspannung zu gönnen. In einem der zahlreichen Thaimassage-Salons gönnen wir uns eine Massage. Eine ganze Stunde geben wir uns den Händen der Thai - Frauen hin. Und wenn jemand beurteilen kann, ob eine Massage gut ist, dann bin ich das! Und diese war so gut, das wir für den nächsten Tag gleich noch einen Termin buchen. 

Und tatsächlich, einen Tag weiter und es hört auf zu regnen. Nun können wir auch die Hauptattraktion, wie vorhin erwähnt, den größten Thermalsee der Welt besuchen.  Der See wird aus einer Quelle in 38 m Tiefe gespeist und das Bad ist ganzjährig in Betrieb. Der Schwefelgeruch ist zwar nicht besonders angenehm, aber neben Kalzium, Magnesium und anderen "Zutaten" wird der Schwefel unseren beanspruchten Muskeln und Knochen sicher gut tun!

Unser ständiger Begleiter ist natürlich weiterhin der Wetterbericht. Was für eine Katastrophe in den betroffenen Regionen! Zerstörte Existenzen und Menschenleben, die dieses Unwetter gekostet hat...! Ein Gedanke an alle Betroffenen und Opfer!

 

 

Die Regenfälle klingen ab und wir setzen unsere Reise fort. Es war gut und richtig, in Ungarn auszuharren. Die Lage entspannt sich und für die nächsten Tage ist bestes Wetter angesagt. Wir planen unsere Route dementsprechend  und versuchen durch nicht betroffene Gebiete, zu fahren und navigieren online, um spontan gesperrte Straßen zu umfahren. Knapp 300 km sind es bis zu dem kleinen Ort Podivin in Tschechien in der Region Südmähren. Diese Region, wie auch Südböhmen ist zwar auch betroffen, aber weitaus nicht so stark wie das Altvatergebirge im Norden an der Grenze zu Polen.

Bei der Abfahrt in Heviz scheint die Sonne. Wir haben also alles richtig gemacht! 120 km sind es bis zur österreichischen Grenze Pamhagen in der Nähe des Neusiedler Sees. Wir halten uns östlich von Wien, haben nur eine Umleitung wegen des Hochwassers und bei Hainburg überqueren wir die Donau, die mächtig Hochwasser führt, auf einer hochbebauten Brücke . Es ist schon verrückt, noch vor ein paar Wochen konnten Bekannte von uns, die sich auf Kreuzfahrt ins Donaudelta befanden, die Donau ab Nikopol in Rumänien nicht mehr befahren und mussten mit Bussen weiter, weil die Donau Niedrigwasser hatte!...

Beim Dörfchen Katzelsdorf passieren wir die grüne Grenze zwischen Österreich und Tschechien. Noch ein paar Kilometer weiter und wir haben die kleine Pension im kleinen Podivin erreicht. In dem Örtchen gibt es eine Pizzeria, eine Alternative haben wir nicht. Ach,  Pizza haben wir auch schon lange nicht mehr gehabt und so eine leckere, knusprige Pizza mit perfektem Belag auch nicht mehr. Hier könnte mal der Koch aus  Foča in die Lehre gehen!

Weiter reisen wir in einer kurzen Etappe in die  Stadt Tabor., für uns eine kleine, unerwartete Überraschung! Die südböhmische Kleinstadt bietet eine schöne Altstadt mit netten, kleinen Geschäften, Cafés und Restaurants.

Wir haben einen Parkplatz direkt vorm Hotel, die Rezeptionistin ist zwar nett und spricht fließend Englisch, aber das Zimmer ist winzig klein, beengt und lieblos eingerichtet. Sehr enttäuschend und ungerechtfertigt ist der Preis. Das gute Frühstücksbuffet relativiert ein wenig den überteuerten Zimmerpreis, denn es ist inklusive.

So ganz wollen wir es noch gar nicht wahr haben, wir nähern uns unserem Zuhause mit großen Schritten! Um es noch ein wenig hinauszuzögern, fahren wir aber kleine Etappen, denn wir befinden uns noch in unserem gesteckten Zeitlimit und können es uns leisten zu trödeln. Wir wollen noch einmal Halt in der Bäderstadt Marienbad machen. 

Kleine wunderbar zu fahrende tschechische Straßen lassen uns mal wieder dem Genuss hingeben. Aber wir merken, unsere Reise geht zu Ende. Keine chaotischen Autofahrer mehr! Niemand, der die Verkehrsregeln auf den Kopf stellt! Kreisverkehre, in denen jeder normal blinkt, wenn er hinaus fährt! Geschwindigkeitsbegrenzungen, an die sich fast jeder hält! Keine plötzlichen, unbefestigten Holperpisten mehr! Umleitungen, die mit Umleitungsschildern gekennzeichnet sind! Kein Müll entlang der Route, keine  Müllberge und wilde Müllkippen mehr! Auch  keine streunenden Straßenhundegangs mehr! Keine muffeligen Grenzer, die einen kritischen Blick in die Papiere werfen oder einen grundlos warten lassen! Kaum mehr Überraschungen bei den Unterkünften, keine wilde Sucherei mangels Beschilderung! Alles ist sauber und hat den angemessenen Standard! Keine wilden Übersetzungen von Speisekarten und keine Probleme mit Kellnern, die einen fragend anschauen!... Worüber könnte ich mich noch auslassen? Selbst das Wetter spielt mit! Kein versagendes Deodorant, kein Schwitzen in den Helm mehr, kein Durchnässtsein beim morgendlichen Gepäckaufschnallen und kein Mann, der sich über mangelnden Schatten beschwert! Aber auch kein Bibbern, kein Frieren und Zweipaarsockenanziehen mehr! Auch kein Regen mehr, der die Handschuhe durchweicht und gegen den Helm prasselt! Es herrscht bestes Kaiserwetter, Altweibersommer mit Temperaturen um die 20 Grad. 

Gebührender Abschluss unserer Reise ist unsere Unterkunft, die Pension Marion am Rande der Stadt! Wir erhalten die sogenannte "Suite" für einen sehr günstigen Preis. Sie ist geschmackvoll im Altbaustil mit frei gelegten Holzbalken eingerichtet und bietet richtig viel Platz. Frühstück in Form eines kleinen Buffets ist ebenfalls inklusive. Die Besitzerin spricht perfekt Deutsch und gibt uns Tipps für die Stadt.

Der Kurort Marienbad gehört neben Karlsbad (dem Größten) und Franzensbad (dem Kleinsten) zum Westböhmischen Bäderdreieck. Hier entspringen 40 Mineralquellen, Wahrzeichen der Stadt sind die Maxim Gorki Kolonnade und die singende Fontäne, bei der zur jeder ungeraden Stunde klassische Musik  vereinigt mit den illuminierten Wasserspielen, erklingt.

Von unserer Pension sind es gut 2 km bis zu den Kolonnaden, die wir zu Fuß durch einen wunderbar gepflegten weitläufigen Park , vorbei an Blumenrabatten und alten, großen Villen erreichen. Das ist wirklich eine Augenweide und Balsam für die Seele.

Die singende Fontäne ist leider außer Betrieb, bzw. ganz weggerissen und wird vermutlich neu gemacht. Dafür findet das internationale Folklore Festival statt. Überall in der Stadt begegnen uns Kinder, Frauen und Männer in bunten Trachten und auf einer Bühne findet ein buntes Programm von Tanz und- Musikdarbietungen statt. 

Ich gebe zu, dass es richtig Spaß macht, zuzuschauen und ich ertappe mich selbst dabei, dass ich nicht still sitze sondern zur Musik wippe und nach jeder Aufführung laut Beifall zu klatsche! Mit diesem Beifall zollt man ja auch Gebühr für das große Engagement und die Arbeit, die dahinter steckt. Aber keine Sorge, wir werden trotzdem keine Freunde der Volksmusik!

Das war sie nun, unsere Motorradmomentereise 2024! Wir freuen uns auf Zuhause!

Auch Paul und Paula haben die erste große Reise gemeinsam mit uns gemeistert. Jeden Morgen sind sie brav ohne zu Murren angesprungen, haben alle Wetterkapriolen mit gemacht, haben Schlamm, Matsch und Staub über sich ergehen lassen und uns problemlos durch 8000 km getragen. Vor Allem Paula hat ihre Feuertaufe bestanden! Keine Überhitzung, keine Warnanzeige! Auch hat sie all meine Macken ertragen, ohne sich zu beschweren, wenn ich den Motor abgewürgt oder zu sehr hab Aufheulen lassen, wenn ich mich verschaltet habe oder mich lauthals mit "Kraftausdrücken" beschwert habe, wenn es auf unbefestigtes Terrain ging!

Jetzt können sie sich bald in der Garage ausruhen und ich bin mir sicher, dass mein lieber Mann ihnen in den Wintermonaten ihr ganz  persönliches Wellnessprogramm angedeihen lässt!

Noch 400 km bis Zuhause!

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    heidrun (Montag, 23 September 2024 20:57)

    Gut zu wissen, dass ihr alle heil zuhause angekommen seid��

  • #2

    Sabine (Dienstag, 24 September 2024 12:38)

    Genug der Abenteuer! Hoffentlich wird es euch daheim nicht langweilig!�

  • #3

    Martin (Montag, 30 September 2024 18:41)

    Es freut mich zu lesen dass es euch gut geht und fast daheim seid