Unser Weg nach Hause!
Das üblich üble Frühstück, macht uns den Abschied leicht. Obwohl wir uns immer gerne auf neue kulinarische Varianten einlassen und die Küche anderer Länder ausprobieren, aber es ist wirklich gewöhnungsbedürftig, gleich nach dem Aufstehen Pommes, Oliven, Schafkäse und Cay zu sich zu nehmen. Ach, ich übertreibe wieder ein wenig, so schlecht war es dann doch wieder nicht. Zumindest mussten wir nie hungern, Weißbrot (wenn dann frisch, ist es ja auch sehr lecker), etwas Honig und hart gekochte Eier gab es meistens auch und eine Notfalllöslichenkaffeportion ist jetzt auch immer im Gepäck dabei!
An einem Samstag also, genau nach einer Woche Zwangspause machen wir uns mit sehr gemischten Gefühlen auf den Weg zum Grenzübergang bei Edirne! Von 8 Wochen Gesamtreisezeit waren wir 4 Wochen in der Türkei! Und nun sind wir so froh, dieses Land endlich verlassen zu können? 4 Wochen genug Frühstück, 4 Wochen genug Lamm, Hähnchen und Fisch, 4 Wochen ziemlcih viel Müll in der Landschaft, 4 Wochen genug Muezzin (sorry, nur wegen der Lautstärke!), 4 Wochen genug Wetterextreme (dafür kann die Türkei ja nix), 4 Wochen des chaotischen Autoverkehrs. Mehr nicht? Also, dann gibt es ja nichts zu mosern! Denn 4 Wochen Herzlichkeit, Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft, 4 Wochen tolle Landschaften, 4 Wochen und neu hinzu gewonnene Freunde machen eben dieses Land (abseits der politischen Situation) zu etwas ganz Besonderem!
Ich glaube, ich bin traumatisiert! Immer wieder beschwöre ich das kleine rote Lämpchen: "Bitte, bitte, geh nicht wieder an!"
Es ist heiß und wir haben einige Steigungen zu meistern und den Stadtverkehr von Edirne! Immer wieder der bange Blick auf das kleine Cockpit vor mir! Bloß nicht zu viel Gas geben! Bloß nicht so viel Umdrehungen auf dem Drehzahlenmesser und immer schön behutsam fahren! Hoffentlich keine rote Ampel, an der wir lange stehen müssen oder gar Stopp and Go!
Noch ganze 200 km bis zur Grenze, das Lämpchen bleibt aus und ich werde immer ruhiger!
Als wir uns den Grenzanlagen nähern, kommen längst verdrängte Gedanken wieder hoch: Lässt man uns wieder warten? Passt irgend etwas mit dem Ausweis nicht? Geht die Schranke auf, damit wir das Land verlassen können? Oder fehlt angeblich wieder ein Stempel? Müssen wir Strafe zahlen? Der spuckende LKW-Fahrer kurz vor Istanbul hat uns ja reichlich fotografiert und auch die Streckekontrolle vor Überquerung des Bosporus! Vielleicht haben die das den Behörden gemldet? Wir sind auf alles gefasst! Die Schlange vor dem kleinen Übergang nach Kastanies/ Griechenland ist kurz, aber jeder PKW vor uns wird ausgiebig kontrolliert und das dauert, bis der nächste an der Reihe ist!
Wir schieben die Motorräder lieber immer ein Stück mit unserer Muskelkraft vor, denn die Sally kann das ständige Anlassen und Abstellen des Motors sicher nicht ab! Es ist heiß, sehr heiß! Momentan tobt eine Hitzewelle über Griechenland und dem Balkan, 40 Grad und mehr!
Die Helme haben wir abgenommen und auch die Jacken ausgezogen, denn es ist (fast) unerträglich in der Mittagshitze. Habt ihr schon einmal erlebt, wenn Schweiß nicht nur die Stirn sondern in Sturzbächen den Rücken und woanders runter läuft? Das ist ein sehr ungutes Gefühl! In den Stiefeln steht Wasser, diesmal nicht vom Regen, die Socken sind klitschnass!
Endlich sind wir an der Reihe! Mir bubbert das Herz und ich bemerke, dass auch mein lieber Bert etwas nervös ist, als wir unsere Pässe dem Zöllner aushändigen. Der blättert ganz entspannt darin rum, legt sie in den Scanner und ich erkenne so etwas wie ein freundliches Lächeln oder bilde ich mir das etwa ein? Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Langsam führt er den Stempel auf eine freie Seite und? Mit dem üblichen Klackgeräusch drückt er den Stempel dorthin, wo er hin soll. Erst bei Bert, dann bei mir! Noch zum Zoll? Ach i wo! Es ist ja viel zu heiß heute, man winkt uns freundlich durch!
Wie durch Magie öffnet sich die Schranke!
Güle güle! Bye bye! Tschüss!
4 Wochen Türkei waren doch sehr schön!
Griechenland? Ja, wir nehmen lieber den kleinen Grenzübergang in Kastanies, wo erfahrungsgemäß weniger los ist als am Großen Bulgarischen. Ein paar Kilometerchen durch den äußersten nördlichen Zipfel Griechenlands und dann ab nach Bulgarien. Wir brauchen zwar nicht hetzen, aber wollen auf (fast) direktem Weg nach Hause. Eigentlich hatten wir wieder Serbien für den Rückweg eingeplant, wollen aber wegen Sally vorsichtshalber die EU nicht verlassen und so nehmen wir ein ganz kleinen Umweg über Rumänien in Kauf.
Chaskowo, die Kleinstadt mit knapp 65.000 Einwohnern ist unser erster Übernachtungsort. Sie liegt in einem Talkessel und hier zeigt das Thermometer 43 Grad. Sie hat außer der Statue der Jungfrau Maria, die die höchste Europas ist, nicht viel zu bieten.
Bei der Hitze wollen wir sowieso nichts unternehmen.
Das Fahren ist sehr anstrengend, durch den Helm pustet ein heißer Fön, nur die Haare werden dabei nicht trocken und unsere Schädel glühen! Aber die Sally hält durch, das ist das Wichtigste! Nur den einen oder anderen kleinen Aussetzer, kein Wunder bei der Hitze! Wir halten für ein paar Minuten, für uns eine willkommene Trinkpause und dann weiter. In dem kleinen Balkanbergort Berkovitza, haben wir ein ruhiges, großes Zimmer in einer privat gefühten Pension gebucht.
Weiter geht es nach Rumänien. Wir übernachten in einem passablen Apartment.in der Stadt Dobreta Turnu Severin, deren komplizieten Namen wir ständig vergessen. Diese Balkanstaaten geben uns immer wieder mal Rätsel auf. Dieses Dobreta Turnu Severin hat einen historischen Wasserturm und liegt an der Donau. Bei den vielen Balkan- und Donaubesuchen wundert es uns nicht, dass es auch hier keine schöne Donaupromende gibt, ein kleiner Park vis à vis des Flusses, wurde einmal vor vielen Jahren schön angelgt, seitdem wohl nie wieder gepflegt! Dafür finden wir ein nettes Schiffsrestaurant mi einem tollen Ambiente. Direkt gegenüber am anderen Ufer kann man auf Serbien blicken. Ausländische Touristen sind auch hier wohl nicht oft Präsent, daher kämpfen wir wieder mit der Speisekarte. "Snitel de porc" können wir uns herleiten, auch das Wort Salat ist in allen Sprachen gleich! Aber da kommt wieder ein kleiner Engel, der am Nebentisch sitzend, bemerkt, dass wir Deutsch sprechen. Er bzw. sie trägt den Namen Marieta, ist Rumänin, aber seit Langem in Deutschland lebend, fast bei uns in der Nachbarschft in Dannenberg und ist gerade mit ihrem Partner auf dem Weg ans Schwarze Meer. Sie übersetzt unsere Wünsche der Kellnerin und wir bekommen, was wir wollen! Wir unterhalten unsnoch ein wenig und als wir auseinander gehen, verabschieden wir uns wie Freunde!
Noch 2 Übernachtungen in Ungarn - günstig, privat und sauber - , Makó, eine Kleinstadt im Südosten und Györ, eine Großstadt im Norden. Ab Ungarn wird auch das
Wetter unbeständig, die große Hitze ist nun endgültig vorbei, wir haben einen Temparatursturz von über 20 Grad! Auch der Regen lässt nicht lange auf sich warten und unsere längst in den Tiefen
unseres Gepäcks vergrabenen Regenkombis haben wir nun immer griffbereit.
Östereich durchqueren wir in einem Rutsch und in Budweis, der Tschechischen Bierstadt und in Zwickau gönnen wir uns jeweils einen Tag extra!
Wir können es kaum fassen, Deutschland hat uns bei dem kleinen Sächsischen Ort Klingenthal wieder.
Als wir in unser kleines niedersächisches Dorf fahren, sieht alles aus wie immer, es scheint sich nichts verändert zu haben!
Fast 11.000 Km und 8 Wochen liegen hinter uns! Jede unserer bisherigen Reisen war speziell und immer hatten wir Hürden, Komplikationen und Probleme zu lösen. Auf jeder Tour haben wir
gedacht, dass wir an unsere körperlichen und psychischen Grenzen gelangen, aber diese Reise hat alles bisher da Gewesene in den Schatten gestellt und wir mussten nicht an die Grenzen gehen
sondern darüber. So manch eine Situation war gefährlich, sogar sehr gefährlich. Mehrmals haben wir an Abbruch gedacht, Wir haben es dennoch immer wieder geschafft, uns aufs Neue zu motivieren,
durchzuhalten und doch nicht aufzugeben!
Auch unsere Körper haben Einiges durchgestanden: Starkregen, Dauerregen, dass wir durchnässt waren bis auf die Haut, extreme Hitze und starken Wind. Immer wieder auf`s Neue haben wir uns gewundert, was man so aushalten kann! Kein einziges Mal krank geworden, scheinen wir doch ganz schön robust zu sein in unserem Alter!
Wir sind Zuhause! Wir haben ein Zuhause und das fühlt sich sehr gut an und dafür sind wir sehr dankbar! Wir haben ein Zuhause, keine Schlammlawine hat es mit gerissen, alle Straßen sind intakt! Wir haben ein Zuhause, Fenster und Türen sind dicht und es ist groß! Wir haben ein Zuhause, in einem Staat, wo man frei seine Meinung äußern kann! Wir haben ein Zuhause in einer Demokratie!
Wir haben ein Zuhause und wir haben alles, was wir brauchen!
Nichts desto trotz möchten wir auch diese Reise nicht missen, so viele unbeschreibliche und emotionale Momente haben wir erlebt, neue Freunde gefunden und um viele Erfahrungen reicher, kehren wir zurück.
Wie immer freuen wir uns jetzt aber auf unser eigenes Bett, auf unseren Kaffee und ein gutes Körnerbrötchenfrühstück, auf ein Glas Rotwein am Abend und auf unsere alten Freunde!
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Anke Thiele (Freitag, 04 August 2023 05:54)
Schön das ihr wieder da seid.
Cordula (Freitag, 04 August 2023 10:52)
Ich habe mit euch mit gefiebert, gebangt und mit genossen. Vielen Dank, dass ich an eurer Reise teilhaben durfte. Wunderbar geschrieben Alles Gute für euch.Schön , dass ihr wieder heile angekommen seid!!!
Lg Cordula ����
Maik und Elke (Freitag, 04 August 2023 11:54)
Liebe Sabine und Bert, ein sehr schöner Bericht eurer letzten Tage der Reise. Es ist wirklich erstaunlich wie ihr das alles gemeistert habt. Ich sehe noch das Bild wo Bert völlig fertig auf dem Bordstein hockt. Alle Achtung ihr zwei. Das war diesmal echt grenzwertig. Wir sind froh das ihr gesund zu Hause angekommen seid. Liebe Grüße Maik und Elke
Erwin (Dienstag, 29 August 2023 19:34)
RESPEKT !!!!