Die letzten 1000 Kilometer: von Königsberg nach Hause... und ein emotionaler Abschluss
Eine Fähre bringt uns rüber zur Kurischen Nehrung, jener 98 km langen und sehr schmalen Halbinsel, die Weltkulturerbe ist. 52 km gehören zu Litauen und die restlichen 46 km zur Russischen Exklave Kaliningrad. Durch die Länge unserer heutigen Tour, stoppen wir nicht auf der Litauischen Seite der Nehrung... Leider...
Es ist schon nachmittags und wir wissen ja, wie lange manchmal so ein Russischer Grenzübertritt dauern kann und ziehen es vor, erst einmal auf die Russische Seite zu kommen. Die Straße auf Litauer Seite ist ziemlich voll, ein paar Orte, die wir aus dem Augenwinkel wahr nehmen sind ziemlich voll, aber je näher wir an die Grenze kommen, desto weniger ist los.
Ein kleiner Grenzübergang, der uns zu erwarten scheint. Am litauischen Grenzposten sind wir die Einzigen, wir sehen nur ein paar Fahrradfahrer, schnell rücken wir vor auf die Russische Seite.
Fein, hier ist tatsächlich nichts los, auch keine LKWs, wie sonst an den Übergängen. Alles wirkt ruhig. Die erste Kontrolle und Durchsicht der Pässe, geht wie sonst schnell von Statten. Mittlerweile kennen wir das ganze Prozedere. Ein Litauischer PKW steht einsam vor dem Schlagbaum, noch Zwei Andere, die schon bei der Abfertigung sind und ein paar Fahrzeuge auf der anderen Seite, die mit der Ausreise beschäftigt sind. Zwei Spuren sind offen und wir platzieren uns neben dem Litauer. Ein Grenzer zeigt, dass wir falsch sind, wir drehen und platzieren uns dann eben hinter dem Litauer.
Tja und wie erwartet tut sich erst einmal nichts! .... Nichts... Warten... Dumdiedum!... Warten...Der Grenzer scheint griffig zu sein, oha, das sehe ich an seinem Pokerface! Während wir da so Warten, setze ich mir die Hasskappe auf, erinnere mich an die Einreise letztes Jahr und male mir schlimmstes Szenario aus...
Die in der Abfertigung dürfen durch und der Litauer rückt auf. Und wir können auch schon einmal zur Passkontrolle, aber Einzeln, schön nacheinander! Zum Glück herrschen angenehme Temperaturen und wir nehmen alles mit Humor und witzeln über den Grenzer... Dann kommt das Übliche... Zollpapiere ausfüllen. Da sind wir ja schon sehr geübt und wissen, dass wir die Formulare in zweifacher Ausführung ausfüllen sollen und was wir wo in welche Zeile zu schreiben haben. Wir sind nicht so hilflos wie letztes Jahr. Aber wow, hier gibt es sogar Vorlagen! Man hat sich auf ahnungslose Touristen eingestellt! Dann wieder anstellen beim Zoll, der ein paar Stempel auf die Formulare rauf haut, wir müssen 3x gegen zeichnen, das ist neu. Dann ab zur Maschine und warten bis der Zollbeamte uns piesackt... Nee, nur ein bisschen Pseudokofferöffnen und das war´ s... Zum Glück musste ich nicht meinen mit den Spanngurten umwickelten Koffer öffnen... Das würde dauern!
So, dann sind wir wieder in Russland!
Kaliningrad, unser letztes Highlight! Auf der Nehrung halten wir dann doch, ein Muss! Toller, weißer Sandstrand, zu gerne hätten wir noch einmal die Füße ins Wasser gehalten!
Aber wir müssen weiter, es ist schon später Nachmittag.
Durch Stau und Feierabendverkehr kämpfen wir uns bis zum Hotel durch. Geschafft kommen wir an.
Wir haben ja Morgen "frei", dann können wir die Stadt erkunden.Königsberg, der nordöstlichste Teil des ehemals "Deutschen Reiches", Ostpreußen!
Die Stadt erlitt erstmals durch Britische Bombardierungen 1944 schwere Zerstörungen und nach der Schlacht um Königsberg ergaben sich die deutschen Truppen unter der Führung General Otto Lasch der Roten Armee. Dann war sie nach 1945 westlichster Teil der Sowjetunion. Die Deutschen Einwohner flüchteten oder wurden vertrieben und die Stadt wurde in Kaliningrad umbenannt. Hier siedelten sich Sowjetbürger und Soldaten an. Bis 1991 war das Gebiet wie Murmansk geschlossen und militärisches Sperrgebiet.
Zu Fuß begeben wir uns am nächsten Tag auf Entdeckung. Wie immer lassen wir uns treiben, gehen vorbei an alten Plattenbauten und restaurierten und unrestaurierten Villen bis in die Innenstadt. Hier herrscht reges Treiben und wir geben uns dem Gewusel hin. Ein touristisches Muss sind die Christ-Erlöser- Kirche, der Dom, der 1992 restauriert wurde, da auch er bei Luftangriffen im zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört wurde, das Emanuel Kant Grab und das Fischerdorf, dass ebenfalls im Deutschen Stil restauriert wurde.
Wir machen eine kleine Bootstour in einem kleinen Kahn auf dem Kanal. Unser Russischer Kapitän erklärt den Russischen Touristen allerhand Sehenswertes, wir verstehen mal wieder nichts und lassen alles individuell auf uns wirken, bis dem Kutter das Kühlwasser ausgeht und wir auf dem Kanal ungesteuert rum dümpeln. Wir müssen aufstehen und der Captain muss den Motorraum aufmachen, wovon eine enorme Hitze ausgeht und allerhand Dampf aufsteigt. Schnell Kühlwasser aufgefüllt und es kann weiter gehen.
Wir besuchen noch das Bunker Museum, dem Orginalbunker, von wo aus General Lasch operierte. Wir tauchen nochmals in die Geschichte Königsbergs ein!
Auf dem Weg Richtung Hotel treffen wir zufällig auf ein riesengroßes Markthallengebiet. Hier wird so ziemlich alles feil geboten, von Gemüse über Gewürzen, Fleisch, Käse, Klamotten, Souvenirs und vor Allem Unmengen von Frischfisch, vom Lachs bis zum Hering! Oh jaaa, das riecht man auch! Fasziniert schauen wir in die Auslagen und halten uns ziemlich lange dort auf.
Ziemlich fußlahm erreichen wir unser Hotel und verbringen hier im Restaurant den Rest des Abends. Uns wird bewusst, dass Kaliningrad unser letztes Highlight war! Ja, ganz klar ein Highlight mit schönem Wetter noch dazu.
Das bedeutet auch, dass wir so langsam unsere Reise abschließen. Morgen reisen wir zum letzten mal aus, aus Russland. Noch eine Nacht in der Nähe von Slupsk in Polen, eine in Güstrow, wo wir unsere Motorradbekanntschaft vom letzten Jahr treffen wollen und dann geht es auf direktem Weg nach Hause!
Zunächst aber müssen wir noch ein letztes mal eine EU Außengrenze passieren. Mamonovo auf Russischer Seite und Gronovo auf Polnischer Seite. Vorgestern erst eingereist jetzt wieder raus. Immer wieder das Gleiche, das kennen wir... und immer ist es doch etwas anders. Wieder scheint nicht viel los zu sein, ein paar wenige PKWs. Motorräder abstellen, Absteigen, diverse Schalter für Pass - und Zollkontrolle passieren. Es geht wieder relativ zügig bei der Russischen Ausreise. An der Polnischen tut sich ungeahnt eine lange Autoschlange von ca. 20 - 30 PKWs auf. Wir trauen uns nicht so Recht an dem Stau vorbei zu fahren und stellen uns hinten an. Lange Zeit tut sich nichts. Warten, warten, warten. Die Leute machen sogar Picknick, dann richten wir uns eben auf eine lange Wartezeit ein! Eine junge Frau bedeutet uns nach einer Weile, vor zufahren. Na, dann wollen wir es wagen und fahren vor. Keiner regt sich auf , dass wir uns "vormogeln", jeder zeigt Verständnis für die zwei Motorradfahrer. Und dann stehen wir auf einmal vorm Polnischen Zoll. Dieser kontrolliert aber auch akribisch, kein Bevorzugen von EU - Bürgern! Wir müssen Koffer, Topcases etc. öffnen.
Alles in Allem sind wir dann doch in 1 1/2 Stunden durch. Gut 5 -6 Stunden hätte es uns gekostet, wären wir nicht an der Schlange vorbei gefahren, wenn alle 10 Minuten ein Auto durch gelassen würde.
до свидания...россия!!! Do Svidanyia, Rossyia!!!
Wir fragen uns nebenbei, was mit all den Formularen gemacht wird, die wir ausgefüllt haben? Schaut die sich überhaupt jemand mit all den wichtigen Stempeln an?... Ganze Archive müssten damit bis unters Dach gefüllt sein! Und das im heutigen Computerzeitalter! Denn nebenbei haben wir bemerkt, dass all unsere Daten auch im System gespeichert sind! ...???
( Und wer sich wieder innereuropäische Grenzkontrollen herbei wünscht, dem raten wir, sich einmal solchen Grenzkontrollen, die wir erlebt haben, zu unterziehen...!!!)
Als wir die Polnische EU - Grenze passiert haben, ist uns ganz seltsam zu Mute. Die letzte "richtige" Grenze! Keinen Grenzer können wir mehr innerlich beleidigen und uns ärgern!...
Und mit diesem Grenzübertritt geht auch so langsam eine große Reise zu Ende!
Ab Mannheim 51 Tage, davon 42 auf den Motorrädern!
15 Länder!
Eine Reise der Extreme!
... der extremen Wetterverhältnisse
....der extremen Straßenverhältnisse
... der extremen körperlichen Belastungen
... der extremen Begegnungen... der extrem netten Menschen
... der extremen Landschaften
... der extremen Unterkünfte
... 14000 extreme Kilometer
Auf alle Fälle wird uns diese Reise, noch mehr wie Letzte, verändern!
Eine Wahnsinnserfahrung, mit allen Höhen und Tiefen! Keinen Kilometer möchten wir missen!
Karsten (Samstag, 31 August 2019 14:13)
Wow, habe jetzt mit einiger Verspätung fast die ganze Route am Stück nachgelesen! Und jetzt bin ich kurz davor, alles hinzuschmeißen und auch einen Motorradführerschein zu machen. Schön, dass Ihr gut wieder heimgekommen seid. Es tut mir leid, dass es am Weißen Meer auf den Solowki mit dem Wetter nicht so optimal gelaufen ist. Es macht wohl wirklich einen riesigen Unterschied. Schöne Grüße vom Rhein.
Diana (Montag, 26 August 2019 13:57)
Habe mit Faszination die Reiseberichte verfolgt. Es war so spannend und deine Art zu berichten, hat wirklich Fernweh aufkommen lassen...
Super!
H. (Sonntag, 25 August 2019 13:01)
Werde deine fantastischen Reiseberichte unendlich vermissen...�
Stronzies