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Batumi-Burgas


Ein Fährerlebnis...unsere ganz persönliche, kleine Kreuzfahrt!


Nachdem ich mich den ganzen Nachmittag tranceähnlich zwischen Schlaf und kurzen Wachphasen befunden habe, geht es mir abends besser, die Medikamente wirken, eine Banane und 1 l Cola (das soll ja bekanntlich bei Magen/Darm helfen!) bleiben schon mal in mir! Um 22.30 Uhr kommt der versprochene Anruf des Fährbüros. Wir packen alles hektisch zusammen und fahren die paar Hundertmeter gemeinsam mit Stefan rüber. Wir erhalten einen Zettel mit Stempel, unser Eintritt zum Hafen. Jetzt soll es endlich losgehen! Zur Hafeneinfahrt ist es zum Glück nicht weit, denn wir fahren auf einer unbeleuchteten mit Schlaglöchern übersäten Straße. Da sehen wir sie, unsere Fähre! DRUJBA (Freundschaft) heißt sie, welch ein vielversprechender Name! Unsere Zettel müssen wir an der Schranke abgeben und unsere Pässe und Fahrzeugpapiere werden kurz gecheckt. Dann dürfen wir drauf! Zunächst müssen wir noch an ein paar griffigen, großen Straßenhunden vorbei. Das hatten wir schon öfters, die können wohl Motorradgeräusche nicht ab. Sie laufen laut kläffend und zähnefletschend neben uns her. Wir können ja nicht Gas geben und sie, wie sonst,  hinter uns lassen. An der Rampe lassen sie endlich von uns ab und wir sind froh, heile auf das Schiff gelangt zu sein! So eine Attacke kann ganz schön angsteinflößend sein, obwohl wir Hundeliebhaber sind!

Ein freundlicher Einweiser zeigt uns unseren Parkplatz. Wir schnallen unsere Packtaschen ab, die Koffer lassen wir dran und nehmen unsere nötigen Sachen. Unsere Motorräder werden verzurrt und wir können ab jetzt nicht mehr dran. Steile, enge Stahlstufen und Treppe um Treppe kämpfen wir uns hoch zur Rezeption. Der Schweiß rinnt uns den Rücken runter und ich merke, dass ich doch noch ganz schön schlapp bin. Stefan treffen wir wieder und wir haben aneinander liegende Kabinen. Bert und ich belegen eine 4-Bettkabine zu zweit. Zwei Doppelstockbetten, ein kleiner Schrank, ein Minitisch und ein Bad, naja, das könnte besser sein, alles nicht mehr neu, aber sauber! Wir haben sogar ein kleines Fenster und Blick aufs Wasser. Es riecht etwas muffig, aber wir haben es uns schlimmer vorgestellt. Wir richten uns häuslich ein und gehen dann erstmal an Deck. Es ist mittlerweile kurz vor Mitternacht, Security und Passkontrolle kommt an Bord. Das Schiff scheint nicht voll zu sein. Was wir so überschlagen konnten, haben wir so ca. 10 LKWs, 5-6 PKWs, 1 Fahrrad, 5 Motorräder eine Handvoll Fußgänger ausgemacht...alles in Allem vielleicht 40 Personen. Fassungsvermögen der Fähre ist maximal 135 Personen.

Die Passkontrolle ist durch und wir kommen schon mal mit dem ein oder anderen Passagier ins Gespräch. Fast alle verziehen sich nach und nach auf ihre Kabinen. Wir sind auch tierisch müde, wollen doch aber das Ablegen der Fähre nicht verpassen. Das ist unsere erste große Schiffsreise. Außer Butterfahrten, Hafenrund- und Sightseeingtouren zu Wasser waren wir nie länger geschweige denn über Nacht an Bord eines Schiffes. Das ist spannend! Um 1.30 Uhr ist es dann endlich soweit: Drujba legt ab! Wir lassen die Glitzerkulisse Batumis langsam hinter uns. Ein Erlebnis! Es hat sich gelohnt, so lange wach zu bleiben! Mein Magen samt Darm haben sich zum Glück auch beruhigt. Nun liegen 2 volle Tage und 3 Nächte auf dem Wasser vor uns.

Es wackelt gar nicht richtig, die See ist ruhig. Es rumpelt ein wenig, die Klimaanlage und ein einlullendes Motorengeräusch ist zu hören. Wir schlafen schnell ein und erstaunlich gut.

Am nächsten Morgen gehen wir gleich zum "Frühstücksbuffet". Es gibt festgelegte Essenszeiten: Frühstück 8.00 - 9.00 Uhr, Mittag: 12.00 - 13.00 Uhr, Abendessen: 18.00 - 19.00, alle Passagiere haben Vollpension. Üppig ist es nicht, Tomaten, Gurken, Schafskäse, Rührei, Naturjoghurt, das übliche Weißbrot und gelleeartige Marmelade (Fruchtgeschmack undefinierbar), aber es gibt, jippi, einen Kaffeeautomaten, und der Kaffee daraus schmeckt sogar! Nutella haben wir auch noch von unterwegs. Was will man mehr!

Wir sitzen zu viert am Tisch, zu unserem kleinen Dreiertrupp hat sich noch Johanna aus Österreich gesellt. Gemeinsam gehen wir ans "Sonnendeck" (es gibt nur das!). Die paar Plastikliegen und Stühle sind leider ALLE kaputt und die verschraubten Bänke sind von den Rauchern okkupiert. Es hat sich gelohnt, unsere Campingstühlchen mit hoch zu schleppen. Das soll sich die nächsten Tage auszahlen! Wir haben eine Sitzgelegenheit! Stefan und Johanna basteln sich aus den kaputten Stühlen auch etwas zum Sitzen. Die Sonne scheint und das Meer ist nach wir vor ruhig. Bald gibt es ja auch wieder Mittag. Das schmeckt sogar einigermaßen: Hühnchen mit Reis!

Den Nachmittag verbringen wir quatschend an Deck. Und jeder berichtet von seinen Erlebnissen. Stefan, 24 Jahre alt, ist von Kiew aus mit seinem Fahrrad gestartet und ist eine ähnliche Route wie wir gefahren, fast 4000 km in 6 Wochen, mit einem Schnitt von ca 100 km am Tag mit Gepäck, Zelt und einem Gewicht von über 60kg... und das über steile kaukasische Pässe! Hut ab! Wir können es kaum fassen und folgen gespannt seinen Berichten. Johanna, 28 Jahre alt, Sozialarbeiterin aus Wien ist 5 Monate unterwegs, nochmal Hut ab für die kleine, zierliche Person, ganz alleine zu Fuß, per Bus und per Anhalter, vorwiegend durch Südostasien ist sie gereist, Myanmar, Laos, Thailand, Indonesien, dann Georgien. Nun will sie sich mit ihrer Mutter in Rumänien treffen...Wir sitzen da, reden, schauen aufs Meer hinaus, entdecken sogar des Öfteren Delphine. Beide jungen Leute könnten unsere Kinder sein. Es wird immer persönlicher als wenn wir uns schon lange kennen würden, trotz des großen Altersunterschieds immer auf Augenhöhe. Wir nennen uns "Reisegruppe Delfin" , lachen viel und dann  wird ist wieder Essenszeit. Diesmal gibt es Fisch... naja, ähnlich des Wolga-Woblas... guäh!... Neben uns am Tisch sitzt eine Gruppe von LKW-Fahrern, sie feiern, der  Tisch voll von diversen alkoholischen Getränken unter anderem einer 5 l Plastikflasche selbst gekelterten georgischen Weins. Sie feiern irgendetwas, stehen ständig auf, schmettern sich Trinksprüche entgegen und ehe wir es uns versehen, stehen wir mit einem Plastikbecher des Weins in der Hand mitten in der Gruppe! Mit Händen und Füßen, in Englisch, Deutsch versuchen wir uns zu verständigen... Herrlich so spontan!

Irgendwann löst sich das Ganze langsam auf und wir gehen an Deck. Die frische Seeluft fühlt sich besser an als das miefige Innendeck. Alle Raucher versammeln sich. Wir entdecken die anderen Motorradfahrer, 3 Tschechen, einer spricht etwas Deutsch. Wir erfahren, dass sie auf einem Bikertreffen auf der Krim waren. Trotz der Sprachbarriere verläuft alles sehr sympatisch. Zwischendrin kauderwelschartige Gespräche mit dem ein oder anderen georgischen LKW-Fahrer, da ist noch ein Mazedonier, der Militärfahrzeuge der Bundeswehr geladen hat und diese nach Suhl transportieren muss. Auffällig sind auch 2 Asiatinnen, gleich gekleidet, kahl rasiert. Auch mit ihnen kommen wir ins Gespräch. Es sind Südkoreanische Nonnen auf dem Weg nach Rumänien und Polen. Vorher waren sie in Ägypten, Armenien, Aserbeidschan, auch zu Fuß per Bus und Bahn mit Rucksack unterwegs... Wir staunen wieder.

Ein anderes deutsches, junges Pärchen sondert sich etwas ab, aber trotzdem kommt ein kurzes Gespräch Zustande, 2 ehemalige Walldorfschüler, gut russisch sprechend waren mit dem Auto der Eltern auf ähnlicher Tour wolgaabwärts unterwegs.

Was für ein Menschenmix, zufällig zusammen gewürfelt, der sich auf einer bulgarischen Fähre auf dem Schwarzen Meer zwischen Batumi und Burgas trifft! Das Schiff fängt an zu schaukeln und die See wird etwas unruhig, die große Gruppe löst sich auf und alle gehen schlafen.

Am nächsten Morgen gibt wieder das übliche Frühstück und Reisegruppe Delfin findet sich wieder an Deck zusammen. Noch einen Tag verbringen wir gemeinsam. Das Wetter ist nicht mehr so schön, aber es ist trocken und warm. Das Meer wird zunehmend unruhiger und das Schiff wackeliger (gut, das mein Magen/Darm-Infekt vorbei ist). Innerhalb unserer kleinen Gruppe gibt es viel zu erzählen, es wird immer persönlcher und die Zeit vergeht schnell...Die anderen Menschen an Bord sind Dank gestern auch vertraut. Essen, quatschen, Meer gucken, es schaukelt, essen und schwupps ist auch dieser Tag rum. Alle gehen zeitig auf ihre Kabinen, Morgen Früh gegen 8.00 Uhr sollen wir in Burgas anlegen. Wir stellen zum Sonnenaufgang den Wecker.

Wir stehen also früh auf und werden mit einem genialen Sonnenaufgang belohnt, Burgas ganz nah. Noch ein kurzes Frühstück vom "Buffet" und dann heißt es, alles zusammenpacken. Es herrscht eine seltsame Aufbruchstimmung an Bord. Security kommt. Wir werden gecheckt und dürfen von Bord. Wir schleppen alles, wie vor 3 Tagen hoch, nun wieder runter und gelangen zu unseren Motorrädern. Eine große Verabschiedung wird in Gange gesetzt und wir verstreuen uns in alle Richtungen. Die Nonnen ziehen ihres Weges, wir winken den LKW-Fahrern, die 3 tschechischen Biker schnallen wie wir ihr Gepäck auf. Johanna will auch nicht in Burgas bleiben sondern gleich weiter Richtung Norden. Wir umarmen uns! Ich bin ganz schön traurig! Stefan versucht auch gleich, einen Bus Richtung Deutschland mit seinem Fahrrad zu bekommen.

Wir haben es einfach und ein Hotel in Burgas ist gebucht, es sind nur ein paar Kilometer zu fahren.

Passkontrolle und Zoll dauern beim Eintritt in die EU etwas länger, aber seit der ukrainisch/russischen Grenze kann uns nichts erschüttern. Zum Glück müssen wir nicht alle Gepäckstücke öffnen, nur die Topcases. Warten, auch am Morgen ist es ziemlich warm, und dann können wir endgültig passieren.

Unser Hotelzimmer ist schon am Vormittag beziehbar und wir sortieren unsere Sachen im Zimmer. Von Stefan erhalten wir eine Nachricht, dass er erst Morgen mit dem Bus fahren kann und in einem Hostel abgestiegen  ist. Mit ihm verbringen wir den Tag am Strand von Burgas und gehen abends zusammen essen.

 

Für uns geht es Morgen weiter nach Plovdiv, bekannte Weltkulturerbestadt Bulgariens. Noch eine Woche quer durch Südosteuropa.... Serbien, Ungarn, Tschechien...


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